Im Schatten von Notre Dame by Kastner Jörg

Im Schatten von Notre Dame by Kastner Jörg

Autor:Kastner, Jörg [Kastner, Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426636916
Herausgeber: Droemer Knaur
veröffentlicht: 2014-01-26T05:00:00+00:00


Die schnellen Schritte vieler Männer hallten durch das Gewölbe. Laternenschein schnitt durch die Finsternis und ließ die Umrisse der Anrückenden erkennen. Kettenhemden klirrten, Waffen klapperten, und jemand schrie den Befehl: »Nehmt die Ketzer gefangen! Niemand darf entkommen!«

Der vorderste Mann, der auf Hardoin geschossen hatte, trat ins Licht unserer Kerzen, ein Angehöriger der königlichen Bogenschützen, zu erkennen an der blauen Tunika über dem Kettenhemd, die mit einem geflügelten Hirschen geschmückt war. Durch seinen Erfolg vorwitzig und vielleicht auch blutdürstig geworden, eilte der Soldat seinen Kameraden mit erhobenem Schwert weit voran. Die abgeschossene Armbrust hielt er in der Linken.

Leonardo sprang aus der Kerkerzelle und stellte sich dem Angreifer entgegen. Durch ein blitzschnelles Wegducken entging er dem feindlichen Schwerthieb und parierte ihn schneller, als das Auge zu folgen vermochte. Die Klinge seines Stoßschwerts fraß sich in den Hals des Soldaten, direkt unterhalb des Kinns, wo die schützende Halsberge der Panzerung endete. Der Schütze konnte nicht einmal mehr einen Schrei ausstoßen, so rasch ereilte ihn der Tod. Doch seine Rächer näherten sich unaufhaltsam.

»Wir müssen fort!« rief Leonardo uns zu. »Augenblicklich!«

»Nein, nicht ohne meinen Vater!« schrie Colette und umschlang die klapprige Gestalt Marc Cenaines, dessen Armfesseln dank Tommasos Kunst geöffnet waren. Aber was nutzte das, war er doch am Hals und an den Beinen noch gefesselt.

»So schnell schaff ich's nicht«, keuchte der Mechaniker.

Villon beugte sich über Hardoin, legte eine Hand auf seinen Kopf und sagte leise: »Der Herr der Guten Seelen nehme sich Eurer an, Bruder!« Hardoin war tot.

»Ihr müßt gehen!« keuchte Cenaine, umarmte seine Tochter und stieß sie dann mit letzter Kraft von sich. »Geh, Colette, du mußt dein Leben retten!«



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